Kulturhalle Dußlingen

Sommerliche Abende boten schon immer Anlass für gesellschaftliche Anlässe und gemeinsame Erlebnisse. Bis heute ziehen diese die Menschen zu Gesprächen und Konzerten auf die Straßen, in die Parks und Gärten der Stadt. Kein Wunder also, dass sich die Gattung der instrumentalen Abendmusik, genannt Serenade, schon früh als fester Bestandteil des kompositorischen Schaffens der wichtigsten Komponisten etabliert hat. Die Bezeichnung Serenade – vom italienischen sereno (heiter, klar, wolkenlos) stammend – impliziert das Musizieren an lauen Sommerabenden zur Unterhaltung und zum Genuss.
Den besonderen akustischen Gegebenheiten des Musizierens unter freiem Himmel ist die Charakteristik der Serenade zu verdanken. Traditionell griffen Komponisten auf die Blasinstrumente zurück, die als Signalinstrumente im Freien bewährt waren und den Klang im Freien durch die baulichen Gegebenheiten besser transportieren als der in alle Richtung resonierende Klangkörper der Streichinstrumente. Darüber hinaus sorgten strukturell einfach gehaltene Satzformen für ein den Zuhörenden verständliches Klangerlebnis. Bald nach der Etablierung als eigene Gattung und dem Umzug in den Konzertsaal sorgten schon die Komponisten der Wiener Klassik für eine Auflösung der aufführungspraktischen Merkmale der Serenade, sodass sich die Serenaden des heutigen Abends von den typischen frühen Serenaden in Besetzung und Aufbau unterscheiden.



KV 622, Klarinettenkonzert A-Dur
Orchester: Das Benefizorchester
Solist: Jonathan Groß (Klarinette)
Leitung: Moritz Tempel
Aufnahme am 30. Juli 2022 in der Kulturhalle Dußlingen

KV 622, Klarinettenkonzert A-Dur
KV 622, Klarinettenkonzert A-Dur, Allegro
KV 622, Klarinettenkonzert A-Dur, Adagio
KV 622, Klarinettenkonzert A-Dur, Rondo: Allegro

KV 622 Kulturhalle Dußlingen

Den Anfang des Konzertes macht ein Stück, das nicht der Gattung der Serenade zuzuordnen ist, aber eine der jungen Protagonistinnen der Wiener Klassik in den Vordergrund stellt. Erst zu Mozarts Zeiten war die Klarinette in ihrer Entwicklung so weit vorangebracht, dass sich alle Register des im Vergleich zu anderen Blasinstrumenten ungewöhnlich großen Tonumfangs ausgewogen spielen ließen. Seit dem 18. Jahrhundert hat die Klarinette eine herausragende Funktion in vielerlei Besetzungen, nicht zuletzt als Melodieinstrument in Militärmusik und sinfonischer Blasmusik.
Das einzige Klarinettenkonzert Mozarts ist gleichzeitig auch das letzte Solokonzert, das dieser vollendete. Es wurde im Herbst 1791, etwa einen Monat vor seinem Tod, fertiggestellt. Bemerkenswert ist die Entstehungsgeschichte des Stückes, das Mozart ursprünglich für die großen Geschwister der heute geläufigen Klarinette – Bassetthorn und Bassettklarinette – komponierte. Dies hatte zur Folge, dass einige Abschnitte für die sich durchsetzende A-Klarinette zu tief waren und die betreffenden Stellen schon wenige Jahre nach Mozarts Tod umgeschrieben werden mussten, um das Stück zur Aufführung bringen zu können.
Im ersten Satz präsentiert sich das Orchester in kammermusikalischer Manier mit einer erhabenen Exposition, bis die Soloklarinette die vorgestellten Themen auf virtuose Art aufgreift und weiterführt. Im zweiten Soloeinsatz erhält der Satz eine melancholische Note durch einen Schwenk nach Moll. Beweis für die kompositorische Reife eines Spätwerks ist die kanonische Verarbeitung des Hauptthemas im Orchestertutti, die an mehreren Stellen zum Vorschein tritt. Im Verlaufe des Satzes greift der Komponist alle Möglichkeiten der Klarinette auf, die in chromatischen Passagen und Dreiklangsbrechungen alle Register ausschöpfen und mit feiner Dynamik verschiedene Klangfarben zeigen darf.
Der zweite Satz präsentiert sich in einer dreiteiligen Liedform mit lyrischer Schönheit und ist durch die Verwendung in Film und Fernsehen zu einem der bekanntesten Stücke Mozarts geworden. Das Wechselspiel aus Solist und Orchester zeigt die ganze Tiefe des Satzes.
Gerade in diesem Satz versteht es Mozart meisterhaft, die Vorzüge des Klarinettenklangs zur Geltung zu bringen. Durch raffinierte Lagenwechsel entsteht zeitweise der Höreindruck, es müsse sich um mehr als ein Soloinstrument auf der Bühne handeln. Der erneute Eintritt des ersten musikalischen Themas glänzt mit besonderer Ruhe.
Der Allegro-Schlusssatz tritt unvermittelt mit der stolzen Leichtigkeit seines 6/8-Takts ein. Die Rondoform bietet in gleichem Maß Platz für den kurzweilig-tänzerischen Charakter des Satzes und die harmonische Arbeit, die wie im ersten Satz prominente Passagen auch in Moll zeigt und dem Schlusssatz die nötige Tiefe zugesteht, um die vorhergehenden Sätze gebührend abzurunden und das Konzert dem Ende zuzuführen, nicht ohne allerdings den Solisten in der Coda noch ein letztes Mal zu musikalischen Höchstleistungen anzuspornen.

KV 525 Kulturhalle Dußlingen

Wolfgang Amadeus Mozarts Streicherserenade wird nicht nur durch einige der bekanntesten Takte der Musikgeschichte eröffnet, sondern ist darüber hinaus Beweisstück für die Entwicklung der noch im Freien von Bläsern gespielten Serenade hin zu Konzertmusik in verschiedenster Besetzung. Komponiert wurde die „kleine Nachtmusik“ für ein Kammermusikensemble aus zwei Violinen, Viola, Violoncello und Kontrabass. Die kunstvolle, fein verwobene Stimmführung weist darauf hin, dass sich das Stück auch in musikalischer Hinsicht von den leichten abendlichen Unterhaltungsmusiken der Serenaden-Vorbilder unterscheiden sollte.
Das bekannte Signalmotiv zu Beginn, in dem sich ein tonikaler und ein dominantischer Klang in Akkordbrechungen im unisono präsentieren, öffnet den Raum für ein elegantes und doch kräftiges Hauptthema, das von den ersten Violinen vorgetragen wird. Ein anmutiges Seitenthema tritt auf; in der Durchführung des Sonatenhauptsatzes berühren beide Themen die Nebentonarten d-Moll und C-Dur, bevor die Reprise beide Themen in G-Dur erklingen lässt.
Die „Romanze“ im Adagio, C-Dur, zeichnet sich durch die oft prominent in Sexten geführten Violinenstimmen aus, die gemeinsam mit dem ruhigen Legato-Charakter dem Satz eine große Sanglichkeit verleihen. Ein kurzer, aufgewühlter Teil in c-Moll stört die idyllische Ruhe, bevor sich der Satz wieder im Hauptthema findet.
Der dritte Satz, der traditionell als Menuett mit Trio ausgearbeitet ist, lässt seinen höfisch-barocken Ursprung aufleuchten, und leitet in den Schlusssatz über, der als Rondo komponiert ist und vor Energie und musikalischer Freude sprüht. Synkopen und schnelle Tonrepetitionen sorgen für einen umtriebigen Charakter, während plötzliche Modulationen den Weg in entfernte Tonarten eröffnen und für die nötige Dramatik sorgen. Zum Ende des Satzes hin verdichtet sich die kompositorische Anlage durch die kontrapunktische Behandlung des Hauptthemas und sorgt für einen würdigen Abschluss der „kleinen Nachtmusik“.


Jonathan Groß

Jonathan Groß ist seit Dezember 2021 Soloklarinettist am Landestheater Niederbayern und seit September 2021 Stipendiat der „Villa Musica - Landesstiftung Rheinland Pfalz“. Seit Herbst 2017 studiert er im Master of Music mit künstlerischem Profil bei Prof. Thorsten Johanns an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT in Weimar. Davor schloss er seinen Bachelor of Music mit Auszeichnung bei Prof. Laura Ruiz-Ferreres in Frankfurt am Main ab.
Solokonzerte spielte er unter anderem mit Mitgliedern der Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, dem Orchester der Berufsfachschule für Musik Sulzbach-Rosenberg, dem Ensemble Enigma Classica und der Bläserphilharmonie Baden- Württemberg, mit der er als Solist in China gastierte. Eine Konzerttournee konnte er mit der Klassischen Philharmonie Bonn in den großen Konzerthäusern wie dem Konzerthaus Berlin, der Laeiszhalle Hamburg, Die Glocke Bremen, in der Meistersingerhalle Nürnberg und dem Kurhaus Wiesbaden bestreiten.
Orchestererfahrung sammelte er zunächst als Praktikant im Göttinger Symphonieorchester und in der Akademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Weiter spielte er in der Mecklenburgischen Staatskapelle Schwerin, in der Kammerakademie Potsdam, in der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, bei den Münchner Symphonikern, der Jenaer Philharmonie, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und den Thüringer Symphonikern.


Das Benefizorchester

Das Benefizorchester wurde 2021 als e.V. gegründet, um mit klassischer Musik Gutes zu tun. Ein Organisationsteam plant und führt Orchesterkonzerte durch. Für jedes Projekt kommen in wechselnden Besetzungen Musikstudierende und junge Profis für Arbeitsphasen zusammen, um unentgeltlich Benefizkonzerte zu musizieren. Es gibt also – im Gegensatz zu vielen anderen Orchestern – keine feste Besetzung.
Um allen Interessierten den Konzertbesuch zu ermöglichen, finden Konzerte von Das Benefizorchester mit freiem Eintritt auf Spendenbasis statt.
Der Reinerlös kommt karitativen Einrichtungen zugute, die der Vereinsvorstand gemeinsam auswählt. Gleichzeitig soll mit den Konzerten eine Plattform geboten werden, mit der die begünstigten Initiativen auf ihre Ziele aufmerksam machen können.


Moritz Tempel

Moritz Tempel wurde 1996 in Reutlingen geboren. Dort erhielt er als Sänger des Knabenchors capella vocalis seine erste musikalische Ausbildung. Zahlreiche Reisen mit capella vocalis führten ihn bis nach China, Japan und Argentinien. In seiner Jugend erhielt er Klarinettenunterricht an der Musikschule Reutlingen und spielte mehrere Jahre bei der Jungen Sinfonie Reutlingen.
2015 nahm er seine Studien im Fach Schulmusik an der HMDK Stuttgart und Geschichte an der Universität Stuttgart auf. Sein Schwerpunktfach Dirigieren wurde von Prof. Richard Wien und Prof. Denis Rouger betreut, weitere Impulse erhielt er von Prof. Christian Schmid, UMD Mihály Zeke und Salome Tendies. Er ist Stipendiat des Evangelischen Studienwerks Villigst. Seit Januar 2019 ist Moritz Tempel Chorleiter der St. Michael-Chorknaben Schwäbisch Gmünd, mit denen er musikalisch in allen Epochen, von barocken Kantaten bis zu zeitgenössischen Uraufführungen, beheimatet ist. Seit 2021 ist er als Assistent von Salome Tendies an der Chorakademie Pforzheim tätig.
Im Jahr 2021 gründete er mit Gleichgesinnten „Das Benefizorchester e.V.“, um mit Orchestermusik Gutes zu tun.