KV 364 Zeughaus Neuss

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonia concertante Es-Dur erklingt ein in vielerlei Hinsicht erstaunliches Werk des 23-jährigen Mozart. Ist schon diese Sondergattung des Instrumentalkonzerts – im Grunde eine zukunftsweisende Fortentwicklung des barocken Concerto grosso – in der Konzertliteratur der Klassik nicht gerade häufig anzutreffen und auch in Mozarts Schaffen eher selten (einige Entwürfe blieben unvollendet), so erscheint die von Mozart gewählte Besetzung von Violine und Viola, die beide sehr spannungsvoll miteinander und mit dem Orchester dialogisieren, noch extravaganter. Zu diesem subtilen Klangbild treten zwei weitere Feinheiten der Instrumentierung hinzu: Der Bratschen-Solopart ist original in D-Dur notiert – also einen halben Ton zu tief; so muss der Solist, um in der gleichen Tonart und Lage zu spielen wie alle übrigen Partner, sein Instrument um einen halben Ton höher stimmen – eine auch beim solistischen Kontrabassspiel mitunter angewendete Praxis, die dem Klang des Instruments mehr Brillanz, Intensität und Klarheit gibt. Schließlich wird das unverwechselbare Klangbild dieses Konzerts noch dadurch geprägt, dass Mozart die Orchester-Bratschengruppe teilt und so einen sehr sonoren, pastell-getönten 5-stimmigen Streichersatz erreicht, der mitunter geradezu „romantische“ Farben gewinnt.
Begegnet mit diesem Werk also auch vom Klangbild her Überraschendes, so kommt noch ein selbst für Mozart seltener, die klassischen Satztypen sichtlich ausweitender Melodienreichtum hinzu. Auch die nur aus den schmerzlichen und bitteren Erfahrungen der Pariser Entstehungszeit, in der seine mit ihm gereiste Mutter starb, erklärbare erstaunliche Ausdruckstiefe zumal des Mittel-satzes verleiht diesem Werk eine Sonderstellung und hebt es weit über die zeitgenössischen Vorbilder insbesondere der sogenannten „Mannheimer Schule“ hinaus.
(Wilhelm Schepping)

KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur
Orchester: Neusser Kammerorchester
Solisten: Usha Kapoor (Violine), Karolina Errera (Viola)
Leitung: Joachim Neugart
Aufnahme am 3. Dezember 2023 im Zeughaus Neuss

KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Allegro maestoso
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Andante
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Presto



KV 364 München Kantatenchor

SINFONIA CONCERTANTE in Es-Dur: Das dreisätzige Werk ist vermutlich im Sommer oder Frühherbst 1779 in Salzburg entstanden. Mozart hatte im Jahr zuvor in Paris eine „Sinfonia concertante“ für solistische Holzbläser und Orchester geschrieben. Daher mag es ihn, nach Salzburg zurückgekehrt, gereizt haben, die neue Gattung auch hier bekannt zu machen, zumal entsprechend gute Instrumentalisten zur Verfügung standen. Auch die Wahl der Soloinstrumente ist vielleicht durch die in Salzburg beliebte Kombination von Violine und Viola mitbestimmt worden.
Text: Kirchenmusikdirektor Andreas Hantke, München

KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur
Orchester: Die Münchner Streicher
Solisten: Winfried Grabe (Violine), Tobias Breider (Viola)
Leitung: Andreas Hantke
Konzertmitschnitt aus der St. Johanneskirche am Preysingplatz in München, Sonntag, 23. Oktober 2005
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Allegro maestoso
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Andante
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Presto



KV 364 Stadthalle Langenfeld

Mozart kam auf seinen Reisen 1777 - 1779 in Mannheim und Paris bereits in Kontakt mit der neuen, dort sehr beliebten Musikform der Sinfonia concertante. Diese verbindet Elemente des barocken Concerto grosso mit denen eines Sinfonie- und Solokonzerts.
Nach mehreren anderen Kompositionsansätzen in dieser Gattung entschied er sich im Herbst 1779 für ein Konzert für Violine und Bratsche in Es-Dur. Eine Besonderheit des Werkes war Mozarts Anweisung "accordata in tono piu alto" für die Viola - also eine Höherstimmung um einen Halbton, was eine straffere Saitenspannung erforderte. Vermutlich sollte das die Klangfarbe der Bratsche der Violine angleichen. Das Resultat dieser Anweisung hat Mozart wohl überzeugt, denn er griff auch noch bei späteren Solopartien für die Bratsche auf diesen Kunstgriff zurück.


KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur
Orchester: Concerto Langenfeld
Solisten: Ulrike Rocholl (Violine), Peter Geifmann (Viola)
Leitung: Gregor A. Mayrhofer
Aufnahme am 22. November 2014 in der Stadthalle Langenfeld (Rhld.)

KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Allegro maestoso
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Andante
KV 364, Sinfonia Concertante Es-Dur, Presto



KV 364 Kloster Bebenhausen, Tübingen

Als SINFONIA CONCERTANTE bezeichnet man ein Stück, das in der Mitte zwischen Sinfonie und Solokonzert angesiedelt ist und am ehesten mit dem barocken Concerto grosso verglichen werden kann. Auch Mozart bezeichnete sein erstes Werk dieser Gattung für 2 Violinen und Orchester als Concertone, also großes Konzert. Erst unter dem Eindruck seiner großen Reise nach Mannheim und Paris 1777-79 ging er zu der Bezeichnung Sinfonia concertante über, die gerade in diesen beiden Musikzentren eine der Hauptgattungen der Instrumentalmusik war. In Mannheim hing dies vor allem mit den hervorragenden Solisten des berühmten Orchesters zusammen, in Paris mit der Vorliebe für solistische Darbietungen reisender Virtuosen. Für beides war die Sinfonia concertante mit ihrem Kontrast zwischen sinfonischem Tutti und mehreren, auch untereinander konzertierenden Solisten ein ideales Medium.
Mozart spürte dies sofort, als er 1777 nach Mannheim kam und entwarf dort 1778 ein Konzert für Klavier, Violine und Orchester, KV 315f, im Stile der Sinfonia concertante. Es blieb jedoch ebenso unvollendet wie die für Paris geplante Concertante für vier Bläser und Orchester – das heute beliebte Werk in dieser Besetzung KV 297b ist wohl nur zum geringsten Teil von Mozart. Erst als dieser die großen Enttäuschungen der Reise hinter sich gelassen und wieder nach Salzburg zurückgekehrt war, wandte er sich erneut der Gattung zu. Nach einem dritten nicht ausgeführten Anlauf für Streichtrio und Orchester, KV 320e, entstand endlich im Sommer oder Frühherbst 1779 die Es-Dur Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester.
Die Kombination dieser beiden Soloinstrumene war in Salzburg offenbar besonders beliebt, wie die vier Duos von Michael Haydn für Geige und Bratsche belegen, die Mozart durch seine eigenen beiden freundschaftlich komplettierte. Eine Besonderheit der Bratsche in KV 364 ist die Skordatur, d. h. Umstimmung der Saiten, die einen Halbton höher gestimmt werden sollen, wahrscheinlich, um dem Ton im Vergleich zur Violine und zum Orchester mehr Glanz zu verleihen. Zu den vielen Schönheiten des Werkes gehört andererseits gerade die Art, wie Mozart im Orchester auf die unterschiedlichen Soloinstrumente eingeht: bei gleichen Melodien wird die Bratsche von tiefen Streichern begleitet, die Violine von hohen ohne Baß. So wie sich die Soloinstrumente abwechseln, gibt es auch zwischen den Violinen und geteilten Bratschen des Orchesters einen subtilen Dialog, der sich zwischen den Bläserpaaren fortsetzt. Dies war Mozarts besonders feinsinnige Interpretation des Begriffs Sinfonia concertante.

nach www.kammermusikfuehrer.de/werke/1310


KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur
Solisten: Martina Trumpp, Nazar Totovytskyi (Violine), Benjamin Beck, Kevin Treiber (Viola), Stanislas Kim, Felix Thiedemann (Cello)
Aufnahme am 24. Juli 2020 im Kloster Bebenhausen, Tübingen

KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Allegro maestoso
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Andante
KV 364, Sinfonia concertante Es-Dur, Presto