KV 472 Museum Gunzenhauser

Als „liedlose Zeit“ haben Musikwissenschaftler die Dekaden um 1700 oft charakterisiert. Es ist richtig, dass zu dieser Zeit deutlich weniger Lieder in Schrift und Druck veröffentlicht wurden als zuvor. Die „liederlose Zeit“ war vor allem eine Zeit der Opernarien, das Lied blieb dem Hausgebrauch vorbehalten und wurde in der Mehrzahl auch nicht schriftlich überliefert. Erst mit der Aufklärung wuchs in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch das Liedschaffen einiger Komponisten. Ludwig van Beethovens seiner Missa Solemnis vorangestelltes Motto „Von Herzen – Möge es wieder – Zu Herzen gehen“ darf man auch auf das Liedschaffen von Wolfgang Amadé Mozart anwenden, das deutlich von der Arie unterschieden ist und Sangbarkeit und Schlichtheit der Empfindung in den Vordergrund stellt. Selbstverständlich sind auch manche Lieder zweckgebunden entstanden: Mozart wusste genau um die Wirkungen des bürgerlichen Salons oder die Erhabenheit der Freimaurerversammlungen. „An die Freude“ KV 53 komponierte der 12-jährige Mozart anlässlich der Genesung von einer Krankheit - in diesem ersten von ihm überhaupt erhaltenen Lied entschied sich Mozart noch für eine Generalbassbegleitung. Die anderen Lieder entstammen aus der Wiener Zeit um 1785-87 und legen beredtes Zeugnis ab von Mozarts intensiver Beschäftigung mit dem damals verbreiteten Strophenlied. So ist die „Abendempfindung an Laura“ KV 523 durchkomponiert und durchmisst in jeder Strophe eine neue Tonart, so dass sich viele Stimmungsvarianten in der Melodik ergeben. „Der Zauberer“ KV 472 ist wiederum schlicht und periodisch gehalten, während „Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“ KV 520 fast einen avantgardistischen Weg beschreitet. Hier entsteht in allerknappster Form eine Art Melodram, eine Vokalfantasie mit jähen Kontrasten im Klaviersatz und aufgebrochener Form. Allein diese vier Lieder beweisen die Vielseitigkeit und Meisterschaft Mozarts auch auf einem Gebiet, das heute immer noch erschlossen werden will und zu überraschenden Hörerfahrungen einlädt.
Text: Alexander Keuk


KV 472, Der Zauberer
Solisten: Britta Schwarz (Mezzosopran), Christine Schornsheim (Klavier)
Aufnahme am 22. Mai 2019 im Museum Gunzenhausen, Chemnitz

KV 472, Der Zauberer



KV 472 Villa Koerner, Chemnitz

Jazz-Improvisationen zu Themen von Wolfgang Amadeus Mozart

Stephan König:
"Für mich ist Improvisation eine gleichberechtigte Kunstform neben der Komposition. Der Vorteil der Improvisation gegenüber der Komposition ist, daß der Interpret viel direkter auf die jeweilige Situation des Konzertes eingehen kann - d.h. auf Raum, Instrument, Ausstrahlung der Zuhörer und insbesondere auch auf den eigenen emotionalen momentanen Zustand. Der Vorteil der Komposition ist, daß der Komponist so lange am Werk feilen kann, bis er glaubt, fertig zu sein. Das Risiko bei der Improvisation ist, daß es nur eine zeitliche Möglichkeit für den Ton gibt. Es gibt die freie Improvisation und die thematisch gebundene Improvisation. Dieser Konzert-Abend ist gebunden an musikalische Themen und Ausdrucksformen von Wolfgang Amadeus Mozart, d.h. es werden beide Kunstformen - Improvisation und Komposition - verschmolzen."


KV 472, „Der Zauberer“
Solisten: Stephan König (Klavier), Thomas Stahr (Bass), Wieland Götze (Schlagzeug)
Aufnahme am 18. Mai 2017 in der Villa Koerner, Chemnitz

KV 472, „Der Zauberer“





KV 472, „Der Zauberer“
Solisten: Barbara Christina Steude (Gesang), Michaela Hasselt (Cembalo), Hildegard Saretz (Cembalo)
Aufnahme am 21. Mai 2017 im Hotel Schloss Rabenstein, Chemnitz

KV 472, „Der Zauberer“

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