W.A. Mozart Sinfonie D-Dur KV 504
„Sie wissen, dass ich so zu sagen in der Musique stecke – daß ich den ganzen Tag damit umgehe – daß ich gern speculiere – studiere – überlege“, erinnerte Mozart den Vater an seine „Lebensart“ schon 1778, als er aus Paris grüßte. Zu seinen Neuerungen jener Zeit zählt die langsame Einleitung. Auch mit Blick auf ihre harmonischen Ausschreitungen wirken diese Eröffnungen gewichtig. Werken wie der späten Sinfonie Es-Dur und der Ouvertüre zu „Don Giovanni“ haben diese Anfänge zu bislang unerreichter Expressivität verholfen. Eine Adagio-Einleitung ist auch der „Prager Sinfonie“ KV 504 vorangestellt. Der großformatige Beginn fügt sich durchaus in die Proportionen von Mozarts anspruchsvoll konzipiertem Werk. Es ist seine 38., viertletzte Sinfonie und die erste, die er in seinem seit 1784 eigenhändig geführten thematischen „Verzeichnüß“ eintrug. Dort ist sie auf den 6. Dezember 1786 datiert. Vermutlich entstand die dreisätzige Komposition ohne Menuett (die Nachwelt rätselt, warum) mit Blick auf Wiener Advents-Akademien.
Bald aber ergab sich jene Aufführungsgelegenheit, der die Sinfonie D-Dur ihren Beinamen verdankt: Am 19. Januar 1787 erklang sie mit großem Erfolg in einer Akademie im Gräflich Nostitzschen National-Theater zu Prag, zwei Tage nach dem dortigen „Figaro“-Erfolg. Am 12. Mai 1789, während seines Leipzig-Besuchs, mietete Mozart das Gewandhaus: „... das viele bitten meiner Freunde bewog mich leiptzig ... nicht zu affrontiren, sondern dienstags den 12:ten eine Academie zu geben“, schrieb Mozart seiner Frau Konstanze über den gefeierten, finanziell jedoch erfolglosen Abend. Neben Klavierkonzerten leitet Mozart die „Prager“, an der sich die Begeisterung Leipzigs für Mozart-Sinfonien im 19. Jahrhundert sehr gut ablesen lässt. Sie war weit größer als in Wien und wurde nur von London übertroffen.
Opernnähe wird der „Prager Sinfonie“ seither nachgesagt – nicht nur wegen des äußeren Anlasses oder der langsamen Einleitung. Äußerst differenziert behandelt Mozart die Holzbläser, als gelte es auch hier, feine klingende Charakterstudien zu bieten. Oder blicken wir auf den huschenden Einsatz des Finales: Dieser erinnert an den Beginn der „Figaro“-Ouvertüre, mehr noch an das Duettino „Aprite presto aprite“ im zweiten Akt der Oper, wo sich der in eine Intrige verwickelte Cherubino entschließt, sich mit einem Sprung aus dem Fenster in Sicherheit zu bringen.
KV 504, Sinfonie D-Dur (Prager Sinfonie)
Orchester: Netzwerkorchester V
Leitung: Domonkos Héja
Aufnahme in der Kreuzkirche Chemnitz am 4. Mai 2013
KV 504, Sinfonie D-Dur
KV 504, Sinfonie D-Dur, Adagio - Allegro
KV 504, Sinfonie D-Dur, Andante
KV 504, Sinfonie D-Dur, Finale Presto