St. Michael, Erftstadt Blessem

VILLE CANTABILE hat sich der klassischen Chormusik verschrieben und ist seit 2001 ein eingetragener Verein. Begonnen hat es 1991 als Projektchor mit einer Aufführung bei einem Schulfest. Das hat allen Beteiligten so viel Spaß gemacht, dass in den folgenden Jahren immer wieder klassische Chorwerke einstudiert und Konzerte aufgeführt wurden. 2001 dann die offizielle Vereinsgründung: VILLE CANTABILE - Verein für Chormusik der Schüler, Eltern, Lehrer und Freunde des Ville-Gymnasiums Erftstadt e.V.
Heute besteht der Chor aus etwa 45 Sängerinnen und Sängern - vom Schüler bis zur Pensionärin. Hinzu kommen diejenigen, die nicht regelmäßig dabei sind, aber einzelne Projekte mit ihrer Stimme unterstützen.
www.ville-cantabile.de



KV 65, Messe d-Moll (Missa brevis)
Orchester: ein Kammerorchester
Solisten: Cecilia Acs (Sopran), Carola Quodbach (Alt), Maximilian Fieth (Tenor), Wolfgang Georg (Bass)
Leitung: Josef Vieth
Aufnahme am 19. September 2015 in der kath. Pfarrkirche St. Michael, Erfstadt Blessem

KV 65, Messe d-Moll
KV 65, Messe d-Moll, Kyrie
KV 65, Messe d-Moll, Gloria
KV 65, Messe d-Moll, Credo
KV 65, Messe d-Moll, Sanctus
KV 65, Messe d-Moll, Benedictus
KV 65, Messe d-Moll, Agnus Dei

KV 65 St. Michael, Erfstadt Blessem

Die Messe in d-Moll KV 65 von W. A. Mozart wird selten aufgeführt. Dabei ist sie als missa brevis in besonderer Weise geeignet, innerhalb einer Liturgie eingesetzt zu werden. Sie ist kompakt, braucht als Instrumente neben dem Continuo nur die Violinen I und II, vier Solostimmen ergänzen den Chor.
Außergewöhnlich ist ihre "zäh festgehaltene Molltonart" (H. Abert, W. A. Mozart, Leipzig 1919 - 21, S. 163, zitiert nach Willi Schulze im Vorwort der Partitur, Ausgabe Carus, die sogar bei den ansonsten "fröhlichen" Sätzen Gloria und Sanctus beibehalten wird. Dies soll mit der Entstehungszeit der Messe für das liturgische Jahr, nämlich der Fastenzeit, zusammenhängen.
Mozart schrieb sie 1769, als 13-Jähriger. Schaut man tiefer in das Werk und bemüht sich, die kompositorischen Elemente zu erkennen, aus denen die Musik entstanden ist, wird man überrascht davon, wie sich diese zu einem Bild formen. Zwei Sätze der Messe seien hier betrachtet.


Kyrie eleison

Nur vom Continuo begleitet singt der Chor ruhig und kräftig (adagio und forte) eine sechstaktige Einleitung. Die Anrufung Kyrie eleison wirkt gravitätisch, durch das Fehlen der Streicher besonders unmittelbar, weil der Mensch gleichsam vereinsamt ist. Noch intensiver wird dies durch die Wiederholung des Wortes eleison (= erbarme dich): Kyrie eleison, eleison, eleison, (= Herr, erbarme dich, erbarme dich, erbarme dich). Der Tenor singt das eleison sogar ein viertes Mal. Durch die Wiederholung des eleison wirkt diese Textunterlegung dringlicher als ein aneinandergereihtes Kyrie eleison, Kyrie eleison.
Die drängende Bitte und das Alleingelassensein von den Instrumenten sind zwei wichtige formale Elemente, die später in eine Gesamtbetrachtung einbezogen werden.
Nach der Einleitung beginnt ein Satz, der durch seine Textaufteilung üblicherweise dreiteilig ist: Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison. Mozart hat ihm die Tempobezeichnung Allegro gegeben, wörtlich: munter, was aber eher erstaunlich ist, wenn man sie wirklich wörtlich nimmt, zumal Mozart in den Takten 12–13 und entsprechend in den Takten 32–33 einen Lamento-Bass komponiert hat, eine musikalische Figur der Klage und des Schmerzes. Es kann nur gemeint sein, dass das Tempo sich von der Einleitung mit fließenden Vierteln deutlich absetzen muss.
Man betrachte die unten abgedruckte Stimme des Chor-Soprans. Ganz deutlich wird, dass die Melodie sechs Takte lang überhaupt nicht dem vorgegebenen Dreivierteltakt folgt, sondern sog. Hemiolen bildet. Gelegentlich haben die Unterstimmen sogar gänzlich andere Betonungen als der Sopran.
Man kann sagen, dass das musikalische Motiv nicht zum angegebenen Takt gehört, dort nicht zu Hause ist. Nach sechs Takten wechselt jedoch die rhythmische Faktur, der Dreivierteltakt wird erkennbar und bleibt zwölf Takte lang – allerdings auch nur zwölf Takte lang – klar erhalten.
Die formale Anlage des Allegro-Satzes ist gemäß der Dreiteiligkeit des Textes eine ABA'-Form, was niemanden verwundern wird. Allerdings lässt Mozart schon im mittleren Abschnitt, dem sog. Christe-Teil, den Chor wieder mit dem Kyrie beginnen – und mit den "falschen" Betonungen. Diese "Unvollkommenheiten" werden am Schluss des Satzes noch stärker, wenn der Dreier-Takt sich um ein Viertel verschiebt bei zwei Takten: 2 - 3 | 1 - 2 - 3 |1. Diese Störungen fallen aber nur demjenigen auf, der die Noten kennt.
Derartige "Fehler" werden in der Kunst meist für ein Bild, eine Aussage verwendet; sie sind also von Mozart gewollt und seien nun zusammen gefasst:
- Der gravitätischen Einleitung fehlt ein wichtiges Merkmal der Gravitas, die instrumentale Begleitung.
- Der Hauptteil hat einen vorgeschriebenen Dreivierteltakt. Über mehr als die Hälfte aller Takte wird er nicht eingehalten.
- Die zu erwartende ABA'-Form wird zwar von der Musik erfüllt, aber nicht vom Text. Diese Beobachtungen weisen auf "Unvollkommenheiten" in der kompositorischen Faktur hin, auf etwas, das ergänzt, verbessert werden will. Ein sinnreiches Bild zur drängenden Bitte Herr, erbarme dich!


Sanctus

(Jesaia 6,3)
Duo Seraphim clamabant
alter ad alterum:
Sanctus, sanctus, sanctus
Dominus Deus Sabaoth:
Plena est omnis terra
gloria eius.
Zwei Seraphim riefen sich einer
dem anderen zu:
Heilig, heilig, heilig ist
der Herr Gott der Heerscharen.
Erfüllt ist die ganze Erde von
seinem Ruhm.

Liturgischer Text:

Sanctus, sanctus, sanctus
Dominus Deus Sabaoth:
Pleni sunt caeli et terra
gloria tua.

Hosanna in excelsis!

Benedictus, qui venit
in nomine Domini!
Hosanna in excelsis!
(Mt 21,9)

Hochgelobt sei, der da kommt
im Namen des Herrn!

Zuvor eine allgemeine Information: Der liturgische Text des Sanctus ist vorgegeben. Woraus er zusammengestellt worden ist, kann oben abgelesen werden. Der Text aus Jesaia war allen Komponisten sakraler Musik bekannt.
In den meisten Kompositionen wird bei den ersten Worten das eher getragene Bild des Herrn der Heerscharen umgesetzt, während das Hosanna den Jubel des Volkes bei Jesu Einzug in Jerusalem widerspiegeln soll.
Das Benedictus wird fast immer vom vorhergehenden Sanctus abgetrennt, was eher liturgisch-praktische Gründe hat, und den Solisten übertragen. Das nachfolgende Hosanna bildet dann die musikalische Klammer.
Mozart hat bei dieser Messe eine ganz andere musikalische Idee umgesetzt. Er beginnt mit nur zwei Stimmen, Sopran und Alt, die dreimal das Wort Sanctus im Forte singen, aber gegenseitig versetzt, ganz so, wie die oben beschriebenen Seraphim sich dies zurufen. Dasselbe tun anschließend Tenor und Bass. Dabei werden sie von den Violinen begleitet, die sich ihre kurzen Motive ebenfalls "zurufen". Es geht vierstimmig weiter: homophon, isorhythmisch, pro Takt nur eine Harmonie, die aber bei Deus eine große Septime enthält. So etwas klingt gewaltig, zumal die Streicher nun mit sich wiederholenden Achteln die Harmonien der Takte – in der Violine II sogar mit Doppelgriffen – massiv füllen, ganz im Sinne des Bildes von Heerscharen (=Sabaoth).
Pleni sunt caeli et terra gloria tua (Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit): Es sind kleine, aber deutliche Bilder: Pleni füllt einen ganzen Takt (mit Oktavsprung im Bass, der alle Töne der Tonleiter umfasst und daher das Allumfassende bezeichnet); pleni sunt caeli singen danach die Oberstimmen, die grundsätzlich eingesetzt werden, wenn es um himmlische ("englische") Musik geht. Die Unterstimmen übernehmen den himmlischen Gesang dann auf die Erde. Die Fülle der Herrlichkeit erscheint als Antizipation, als ein Zu-früh-Einsetzen des Wortes gloria. Der Takt greift schon in den vorhergehenden ein und ist mehr als voll, er fließt über.
Das sich anschließende Hosanna in excelsis ist in vieler Hinsicht erstaunlich: Es ist wohl das kürzeste Hosanna, das Mozart geschrieben hat. Der vorgegebene Dreivierteltakt ist nirgendwo zu erkennen, da er durch Synkopen und Hemiolen „außer Kraft” gesetzt wird. Sollte dies vielleicht dem tumultartigen Jubel des Volkes bei Jesu Einzug in Jerusalem nachempfunden sein?
Text: Josef Vieth


Cecilia Acs

Die in Eschweiler bei Aachen geborene Sopranistin Cecilia Acs erhielt ihren ersten musikalischen Unterricht im Elternhaus.
In Aachen studierte sie zunächst Kirchenmusik. Es folgte das Gesangsstudium an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf bei Prof. Ludwig Grabmeier sowie an der Felix Mendelssohn Bartholdy Hochschule für Musik und Theater in Leipzig bei Prof. Jeanette Favaro-Reuter. Ihre Ausbildung rundete sie mit Meisterkursen bei Krisztina Laki, Matthias Goerne und Grace Bumbry ab. Zur Zeit wird sie stimmlich von Professor Reinhard Becker betreut. Sie war Stipendiatin der Richard- Wagner Stipendienstiftung, Düsseldorf, sowie des Schleswig Holstein Musikfestivals, Lübeck.
Seit ihrem Abschluss 2006 ist Cecilia Acs freiberuflich tätig und widmet sich besonders dem Konzertfach, gestaltet Liederabende und singt konzertante Opernaufführungen. Es verbindet sie eine jahrelange Zusammenarbeit mit der Universität Köln unter dem Leiter Michael Ostrzyga. Ein Höhepunkt war die Aufführung der Carmina burana in der Kölner Philharmonie. Im August 2015 sang sie in Mailand mit der Universität Köln das Mozart Requiem. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in der musikpädagogischen Arbeit mit Kindern und Erwachsenen.


Carola Quodbach

Carola Quodbach studierte zunächst Schulmusik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und anschließend Klavier und Gesang, u.a. bei Prof. Edith Ostendorf. Neben einigen Opernrollen (z.B. Graf Orlofski in "Fledermaus", Hänsel in "Hänsel und Gretel") und Lied-Programmen liegt ihr Schwerpunkt im Oratorienbereich (Messias, Weihnachtsoratorium, Messen). Bis zu ihrer Pensionierung unterrichtete sie an der Rheinischen Musikschule in Köln.

Maximilian Fieth

Maximilian Fieth, geboren 1994 in Köln, studiert seit 2014 Gesang bei Prof. Brigitte Lindner an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Schon seit frühester Kindheit musizierte er mit Begeisterung und fand seine Liebe zur klassischen Musik. Mit 17 Jahren trat er der Domkantorei Köln bei, dessen Leiter Winfried Krane ihn maßgeblich förderte und ihm seinen ersten Gesangsunterricht bei Ingeborg Schilling ermöglichte.
Durch seine zahlreichen Auftritte in verschiedenen Kirchen, darunter der Kölner und der Altenberger Dom, konnte er bereits viele Erfahrungen im Bereich der geistlichen Musik sammeln. Seine erste große Solopartie in einem Oratorium sang er 2015 als Evangelist in der Johannespassion von G. F. Händel. Konzertreisen führten ihn nach Spanien, Italien, Frankreich und in die Niederlande sowie in zahlreiche Städte Deutschlands.
2015 nahm Maximilian Fieth bei einem Meisterkurs in der Europäische Akademie für Musik und Darstellende Kunst Montepulciano bei Brigitte Lindner und Matthias Wierig teil. Auch im Bereich der Oper konnte er sein Repertoire erweitern, unter anderem als Mitglied des Chores bei einer hochschuleigenen Opernproduktion


Wolfgang Georg

Wolfgang Georg, geb. 1948, studierte zunächst Schulmusik mit Hauptfach Gesang an der Musikhochschule Köln. Parallel zum Musikstudium erfolgte das Studium der Mathematik, Philosophie und Pädagogik an der Universität Köln. Während des Musikstudiums war Wolfgang Georg Mitglied des Vokalensembles „Pro Musica Köln“ unter der Leitung von Johannes Hömberg. Mit diesem Ensemble, bestehend aus 20 ausgewählten Stimmen, nahm er an zahlreichen Wettbewerben, Schallplattenaufnahmen und Konzertreisen teil. Ferner war er Mitglied des Ensembles "Cantiqua".
Als Musikpädagoge ist Wolfgang Georg am Werner-Heisenberg-Gymnasium in Opladen tätig und leitet dort das Schulorchester, sowie die Schulchöre. Seit 1995 ist Wolfgang Georg auch Dirigent und musikalischer Leiter der "Musicalischen Academie von 1812 zu Burscheid".


Josef Vieth

Josef Vieth studierte an der Musikhochschule und an der Universität Köln die Fächer Schulmusik bzw. Mathematik. Schon früh hatte er sich für den Chorgesang und Chorleitung interessiert, mehrere Chöre gegründet und mit ihnen Konzerte gegeben. Den Chor Ville Cantabile gründete er im Jahre 1991, allerdings erst noch als Projektchor, der dann im Jahre 2001 sich den Namen gegeben und ins Vereinsregister hat eintragen lassen. Das Repertoire, das J. V. mit seinen Chören erarbeitet, umfasst ebenso große Werke, wie z.B. das Bach'sche Weihnachtsoratorium oder Haydns Schöpfung, wie kleinere a-cappella-Werke zeitgenössischer Komponisten.