ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

In der Zeit der Corona-Krise, in der das öffentliche Kulturleben still steht, ist es uns freischaffenden Musikern besonders wichtig, den Kontakt zu unserer Kunst nicht zu verlieren. Musik ist für uns nicht nur unser Werk, von dem wir den Lebensunterhalt sichern, sondern vor allem ein zweites „Ich“, eine untrennbare Komponente unseres Bewusstseins und unserer Persönlichkeit. Sie ist aber auch eine wichtige Trostquelle in ungemütlichen und düsteren Zeiten, die uns hilft, solche Zeiten zu überstehen. Nicht jede Musik passt dafür, denn heutzutage sind gerade sehr positive Emotionen und eine sehr lebenszugewandte Grundeinstellung gefragt – trotz allem, was unseren Alltag trübt. So haben wir uns entschieden, uns einen besonderen Tag der Freude und Leichtigkeit zu bescheren und aus der grauen Realität zu verschwinden – einen sonnigen Mozart-Tag!

Wir haben uns für fünf Trios für Violine, Cello und Klavier entschieden – Werke, die wir ohnehin für unsere kommenden Programme einüben und die nicht besonders häufig in Konzerten aufgeführt werden. Und so wurde aus einem üblichen Probeprozess ein ganz besonderer Tag, den wir durch Mozarts Musik anders als alle anderen Tage wahrgenommen und empfunden haben.



KV 496, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur
Solisten: Michael Kibardin (Violine), Lev Gordin (Cello), Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 27. März 2020 in der ev. Kirche Zum Heilsbrunnen, Bergisch Gladbach

KV 496, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur
KV 496, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Allegro
KV 496, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Andante
KV 496, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Allegretto


KV 254, Divertimento (Trio für Klavier, Violine, Cello) B-Dur
Solisten: Michael Kibardin (Violine), Lev Gordin (Cello), Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 27. März 2020 in der ev. Kirche Zum Heilsbrunnen, Bergisch Gladbach

KV 254, Divertimento (Trio für Klavier, Violine, Cello) B-Dur
KV 254, Divertimento (Trio für Klavier, Violine, Cello) B-Dur, Allegro assai
KV 254, Divertimento (Trio für Klavier, Violine, Cello) B-Dur, Adagio
KV 254, Divertimento (Trio für Klavier, Violine, Cello) B-Dur, Rondo


KV 542, Trio für Klavier, Violine & Cello E-Dur
Solisten: Michael Kibardin (Violine), Lev Gordin (Cello), Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 27. März 2020 in der ev. Kirche Zum Heilsbrunnen, Bergisch Gladbach

KV 542, Trio für Klavier, Violine & Cello E-Dur
KV 542, Trio für Klavier, Violine & Cello E-Dur, Allegro
KV 542, Trio für Klavier, Violine & Cello E-Dur, Andante grazioso
KV 542, Trio für Klavier, Violine & Cello E-Dur, Allegro


KV 564, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur
Solisten: Michael Kibardin (Violine), Lev Gordin (Cello), Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 27. März 2020 in der ev. Kirche Zum Heilsbrunnen, Bergisch Gladbach

KV 564, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur
KV 564, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Allegro
KV 564, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Andante
KV 564, Trio für Klavier, Violine & Cello G-Dur, Allegretto


KV 442, Trio für Klavier, Violine & Cello d-Moll
Solisten: Michael Kibardin (Violine), Lev Gordin (Cello), Roman Salyutov (Klavier)
Aufnahme am 27. März 2020 in der ev. Kirche Zum Heilsbrunnen, Bergisch Gladbach

KV 442, Trio für Klavier, Violine & Cello d-Moll
KV 442, Trio für Klavier, Violine & Cello d-Moll, Allegro
KV 442, Trio für Klavier, Violine & Cello d-Moll, Andante
KV 442, Trio für Klavier, Violine & Cello d-Moll, Allegro

KV 496 ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

Angefangen in der Morgenfrische, widmeten wir uns zuerst dem Trio G-Dur KV 496, komponiert 1786 in Wien. Uneilig und zugleich fließend entwickelt sich der erste Satz Allegro, der von seinen ersten Tönen an auf ein positives Weltbild einstimmt. Leichtigkeit durchdringt die beiden Themen des Satzes und lässt einen angenehmen Rhythmus des Tages spüren. Im zweiten Satz Andante sind mehr Nachdenklichkeit und sogar Melancholie konzentriert, obwohl es nie in Trauer und Aussichtslosigkeit versinkt. Der spritzige dritte Satz Allegretto, der eine Abfolge von Variationen über ein Thema darstellt, sorgt für die Annäherung einer schwungvollen Lebendigkeit und leitet schön in die Mittagszeit über.


KV 254 ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

Die Mittagszeit, die Sonne ist im Zenit – und so geht es weiter mit dem Trio B-Dur KV 254, das in den jungen Salzburger Jahren (1776) entstanden ist und auch als Divertimento bezeichnet wird. Die Energie des 20-jährigen Mozart sprüht im ersten Satz Allegro assai unbekümmert und lässt dem Genuss von Leben, Freude und Sonnenschein nichts im Wege stehen. Nach einem derartigen Ausbruch der positiven Energie wird es erstmal etwas ruhiger – in eine kurze Mittagspause führt der langsame zweite Satz Adagio ein. Und etwas mehr galante Bewegungen tun dabei auch nicht schlecht – im tänzerischen dritten Satz Rondo, das den Charakter eines eleganten Menuetts hat.


KV 542 ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

Am frühen Nachmittag möchte man das so angenehme Gefühl der Sorglosigkeit und die „wolkenlose“ Stimmung noch mehr genießen – der erste Satz Allegro des Trios E-Dur KV 542, vollendet im Jahre 1788 in Wien, verlängert dieses wunderbare Empfinden. Gleichzeitig lassen sich aber schon etwas neue Töne heraushören – traurig und seufzend, zuerst aber nur fragmentarisch in der Mitte des zweiten Satzes Allegretto grazioso und in einer Episode des finalen Allegro. Diese emotionale Abweichung ist zwar schnell vorüber, hinterlässt aber Spuren – man merkt ja, dass es in der Traumwelt auch Schatten gibt.


KV 564 ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

Schlechte Stimmung beiseite! – so ist das entschlossen wirkende Motto des nächsten, ebenso aus dem Jahr 1788 stammenden Trios G-Dur KV 564. Die Mittagspause und Nachdenklichkeit sind vorüber, es geht zwar in Richtung Abend, aber man fühlt sich von der Energie des ersten Satzes Allegro sofort wieder aufgeladen. Auch der leichte und zarte zweite Variationssatz Andante setzt diese Linie fort und bringt dabei noch mehrere Momente von Humor. Wenn vorher – im Trio B-Dur - zum Schluss ein galantes Menuett getanzt wurde, so tanzen wir hier im dritten Satz Allegretto weiter und geben unseren Gefühlen noch mehr Bewegung und Freiheit. Im schwungvollen Rhythmus der Themen möchte man immer weiter kreisen und jede weitere Drehung im Tanz noch schöner empfinden.


KV 442 ev. Kirche Zum Heilsbrunnen

Jetzt dämmert es, und da ist zum ersten Mal ein anderer Mozart zu hören – mit den ersten Akkorden aus dem Allegro des Trios d-Moll KV 442 (komponiert vermutlich 1783) weht der dramatische, bei Mozart mit dieser Tonart verbundene Geist aus dem Klavierkonzert d-Moll, dem Komthur-Thema aus „Don Giovanni“ und schließlich dem „Requiem“. Trotz einer recht bald auftretenden Verklärung spürt man, dass sich alles im Leben ganz schnell ändern kann. Nach einem ruhigen Intermezzo – dem zweiten Satz Andantino im Tempo eines Menuetts - sorgt das finale Allegro mit dem jagdhornartig rufenden Motiv des Themas für einen sehr lebendigen Tagesabschluss. Nach der ganzen im Laufe dieser Stunden erlebten emotionalen Palette ist es wichtig, den Tag doch sehr positiv und hoffnungsvoll ausklingen zu lassen. Klar gibt es im Leben auch Zeit für Nachdenklichkeit, Trauer und sogar Drama – aber am Ende wollen wir uns doch nicht die unbekümmerte und schwungvolle Turbulenz des hoffentlich wieder ganz bald sprühenden Lebens auf unseren Straßen entgehen lassen!


Michael Kibardin

Michael Kibardin (Violine) studierte bei Prof. Nathan Mendelssohn an der Musikhochschule in Taschkent. Als Solist des Usbekischen Rundfunkkammerorchesters und des Moskauer Kammerorchesters „Akademie“ bereiste er die ehemaligen Sowjetrepubliken und ganz Europa.1995 führte ihn sein Weg nach Hamburg, wo er das Studium an der Hochschule für Musik und Theater bei Prof. A.Röhn fortsetzte und sein Diplom mit Auszeichnung absolvierte. Die Teilnahme an verschiedenen internationalen Meisterkursen, u.a. bei Ivry Gitlis, Yfrah Neamann, dem Beaux Art Trio und dem Guarneri Quartett vervollkommnete seine Ausbildung. Zudem wurde es Preisträger bei den internationalen Wettbewerben in Gernsbach sowie „Elise Meyer-Wettbewerb“ in Hamburg und erhielte 2009 den Berenberg Kulturpreis.Michael Kibardin gab Konzerte mit dem Beethoven-Violinkonzert in Deutschland und Frankreich sowie mit dem Efim-Jurist-Quartett in Deutschland und Europa, u.a. Schleswig-Holstein Musikfestival, Beethovenfest Bonn, TV-Sendungen für den Bayrische Rundfunk, ORF, ZDF, 3 Sat, und Deutschland Radio. Seit 2010 konzertiert er als Solist weltweit u.a. in Spanien, Palau de la Musica Valencia, und Australien, Sydneyopera House.Mit dem nach ihm benannten Kibardin Quartett spielte er Konzerte u.a. bei den Oberstdorfer Sommerfestspielen, beim Neustädter Musiksommer, beim Sommertöne-Festival Leipzig, beim Usedomer Musikfestival, bei den Musikfestwochen Donau-Oberschwaben und beim Hohenloher Kultursommer.


Lev Gordin

Lev Gordin wurde in St.-Petersburg geboren. Er begann sein Cellostudium im Alter von 6 Jahren bei Natalia Tolbukhina, einer ehemaligen Studentin von Sviatoslav Knushevitsky und Mstislav Rostropovich. Danach studierte er in Israel, USA und Deutschland bei Hillel Zori, Bernard Greenhouse und Wolfgang Boettcher, besuchte unter anderem Meisterkurse von Frans Helmerson, Mstislav Rostropovich, Boris Pergamenschikow und Wolfgang Laufer. Später wirkte er als Solo-Cellist bei den Jenaer Philharmoniker und am Landestheater Eisenach und ist zurzeit ein gern gesehener Gast, unter anderem, im Münchner Rundfunkorchester, am Meininger Theater, im Bergen Philharmonic Orchestra (Norwegen) und Leipziger Symphonieorchester. Er tritt als Solist und Kammermusikpartner in internationalen Festivals auf, unterrichtet auf Meisterkursen und ist als Jurymitglied bei Musikwettbewerben tätig.
Lev Gordin hat mehrere Runfunk- und CD-Aufnahmen als Orchester- und Kammermusiker eingespielt sowie mehrere Wettbewerbspreise und Auszeichnungen gewonnen. Seit 2016 ist er als Solo-Cellist bei der Klassischen Philharmonie Bonn tätig.
Seit 2018 gehört Lev Gordin zu den Solisten des ersten Deutsch-Israelischen Orchesters „Yachad Chamber Orchestra“.


Roman Salyutov

Roman Salyutov, geboren 1984 in Leningrad, hat sich zugleich als Konzertpianist, Dirigent und Musikwissenschaftler (Dr. Phil.) profiliert.
Seine Auftritte führen ihn neben Deutschland auch in die Schweiz, USA, nach Israel, Österreich, Polen, Litauen, Ungarn, Japan, Australien und Neuseeland. Auch für Meisterkurse und musikwissenschaftliche Vorträge wird er eingeladen. Seit 2017 ist er Professor der Internationalen Klavier-Meisterkurse der Franz-Liszt- Gesellschaft in Breslau, Polen. Roman Salyutov ist Chefdirigent des Sinfonieorchesters Bergisch Gladbach, Initiator vieler Kulturprojekte wie beispielsweise jährliche Internationale Kulturtage und das Jugendkulturfestival in Bergisch Gladbach, das erste Deutsch- Israelische Orchester Jachad Chamber Orchestra und die Produktion von Don Giovanni in Bergisch Gladbach. Er setzt sich aktiv für die Intensivierung des internationalen Kulturaustausches ein und ist darüber hinaus 1. Vorsitzender des Musik- und KulturFestival GL e.V.